Das jüngste Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 13. Juni 2024, Adient Ltd & Co. KG, C-533/22, klärt erneut eine zentrale Frage der indirekten Besteuerung: die Definition und die Grenzen des Begriffs „feste Niederlassung“ für die Zwecke der Umsatzsteuer.
Hintergrund des Rechtsstreits ist die Auffassung der rumänischen Finanzverwaltung, dass Adient Deutschland aufgrund der von ihrer Tochtergesellschaft Adient Automotive Romania SRL ausgeübten Tätigkeiten über eine feste Niederlassung in Rumänien verfügt.
In dem Verfahren argumentieren die rumänischen Behörden, dass die von Adient Romania „im Namen“ und „für Rechnung“ von Adient Deutschland erbrachten Dienstleistungen eine feste Niederlassung des deutschen Unternehmens in Rumänien begründen, was Auswirkungen auf den Ort der Besteuerung hat.
Die Entscheidung des EuGH in diesem Urteil steht im Einklang mit früheren Urteilen wie Berlin Chemie A.Menarini, C-333/20, oder Cabot Plastics Belgium, C-232/22, in denen der EuGH die wichtigsten Punkte festgelegt hat, die zu prüfen sind, um festzustellen, ob eine feste Niederlassung vorliegt:
Dauerhaftigkeit und Angemessenheit der Ressourcen: Die personellen und technischen Ressourcen müssen nicht Eigentum des Unternehmens sein, aber es muss über sie verfügen können, als ob es sein Eigentum wäre, und zwar durch Verträge oder Leasing. Auch wenn es sich nicht um eigene Ressourcen handelt, müssen sie ausreichen, um die Tätigkeiten regelmäßig ausführen zu können.
Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und Warenlieferungen: Der EuGH betont, dass ein deutsches Unternehmen, das nicht die Dienstleistungen des rumänischen Unternehmens in Anspruch nimmt, um Lieferungen oder Dienstleistungen an Kunden in Rumänien zu erbringen, dort keine feste Niederlassung hat.
Konzerninterne Verträge: Für das Vorliegen einer festen Niederlassung reicht es nicht aus, dass die Unternehmen demselben Konzern angehören oder durch einen Dienstleistungsvertrag miteinander verbunden sind. Es muss nachgewiesen werden, dass die personellen und technischen Ressourcen in dem betreffenden Mitgliedstaat ausreichend sind und nicht nur für Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten eingesetzt werden.
Der EuGH kommt daher erneut zu dem Schluss, dass eine Tochtergesellschaft nur dann als feste Niederlassung ihrer Muttergesellschaft angesehen werden kann, wenn sie über eine hinreichend dauerhafte und geeignete Struktur verfügt, um die von der Muttergesellschaft erbrachten Dienstleistungen zu empfangen und für ihre eigene wirtschaftliche Tätigkeit zu nutzen. Es reicht nicht aus, dass im Inland eine Tochtergesellschaft besteht, dass beide Unternehmen demselben Konzern angehören oder dass ein Exklusivvertrag über die Erbringung von Dienstleistungen besteht, um automatisch als feste Niederlassung des anderen Konzernunternehmens zu gelten. Die Tochtergesellschaft ist nur dann eine feste Niederlassung, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Unternehmen, das die Dienstleistungen erbringt, nicht auf eigene Rechnung oder mit eigenen Mitteln handelt, sondern bei der Erbringung dieser Dienstleistungen von der Struktur und den Mitteln der Tochtergesellschaft abhängig ist.