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In der Rechtssache C-207/23 vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) geht es um die Anwendung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG auf die unentgeltliche Lieferung von aus Biogas erzeugter Wärme durch die Y KG an andere Unternehmen für Tätigkeiten wie Holztrocknung und Beheizung von Spargelfeldern. Nach einer Betriebsprüfung behandelte die deutsche Finanzverwaltung diese Lieferungen als mehrwertsteuerpflichtig und berechnete die Steuerbemessungsgrundlage auf der Grundlage der Gestehungskosten der gelieferten Wärme. Der Fall landete vor dem Bundesfinanzhof, der dem EuGH eine Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zur Vorabentscheidung vorlegte, die sich wie folgt zusammenfassen lässt:

Die erste Frage lautet, ob die unentgeltliche Überlassung von Wärme durch ein Unternehmen an ein anderes Unternehmen zur Verwendung im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit als unentgeltliche Wertabgabe an Dritte im Sinne von Artikel 16 der MwStSystRL anzusehen ist. Diese Bestimmung regelt die steuerliche Behandlung von Gegenständen, die von einem Unternehmen für außerbetriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden, und stellt diese den gewerblichen Umsätzen gleich. Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass eine solche unentgeltliche Lieferung einer Lieferung gegen Entgelt gleichzustellen ist, wobei es für diese Einstufung unerheblich ist, ob der Empfänger der Wärme diese für Tätigkeiten verwendet, die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigen. Dies bedeutet, dass die unentgeltliche Lieferung für MwSt-Zwecke wie ein entgeltlicher Verkauf oder eine entgeltliche Übertragung behandelt wird, so dass Steuerneutralität gewährleistet ist.

Das zweite und dritte Vorabentscheidungsurteil des EuGH betrifft die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage für die unentgeltliche Übertragung von Gegenständen gemäß Artikel 74 der MwStRL. Nach diesem Artikel ist die Steuerbemessungsgrundlage „der Einkaufspreis für diese oder gleichartige Gegenstände oder mangels eines Einkaufspreises der Selbstkostenpreis, der zum Zeitpunkt der Bewirkung des Umsatzes festgestellt wird“. Nach der Auslegung des EuGH muss der Selbstkostenpreis sowohl die direkten als auch die indirekten Kosten, wie z.B. Finanzierungskosten, umfassen und darf sich nicht auf die Kosten beschränken, die der Mehrwertsteuer unterliegen.

Dieser Ansatz berücksichtigt nicht nur alle mit der Herstellung des Wirtschaftsguts verbundenen Kosten, sondern spiegelt auch den tatsächlichen Wert des Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt seiner Übertragung wider. Dieser Grundsatz steht im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des EuGH, z.B. den Vorabentscheidungen in den Rechtssachen Marinov (C-142/12) und Het Oudeland Beheer (C-128/14), in denen betont wurde, dass die Steuerbemessungsgrundlage den Marktwert eines Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung aller relevanten Wertelemente widerspiegeln muss.

Schließlich hat die Auslegung des EuGH auch Auswirkungen auf die spanische Gesetzgebung, da die Mehrwertsteuer eine auf europäischer Ebene harmonisierte Steuer ist. In Bezug auf die spanische Mehrwertsteuer sieht Artikel 79 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung vor, dass in den Fällen, in denen es keinen Marktwert oder Einkaufspreis für einen Gegenstand gibt, die Steuerbemessungsgrundlage als „ein Betrag, der mindestens dem Einkaufspreis oder mangels eines Einkaufspreises dem Selbstkostenpreis dieses oder eines gleichartigen Gegenstands entspricht, der zum Zeitpunkt der Lieferung festgestellt wird“, zu bestimmen ist. Diese Bestimmung spiegelt die vom EuGH aufgestellten Grundsätze wider, wonach sowohl direkte als auch indirekte Kosten in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Wir empfehlen den Unternehmen zu prüfen, ob sie unentgeltliche Lieferungen von Gegenständen oder Dienstleistungen vornehmen und sicherzustellen, dass die Steuerbemessungsgrundlage dieser Umsätze gemäß den vom EuGH aufgestellten Kriterien erklärt wird.

 

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